beyerdynamic trifft Beatproduzent Zinobeatz

Lesezeit 7 min

BEYERDYNAMIC TRIFFT ZINOBEATZ

EINZIGARTIGE BEATS AUS MÜNCHEN

Göcgel Dogan alias Zinobeatz zog es mit seiner Familie, in seiner Kindheit, von Ostanatolien nach Deutschland. Seiner freigeistlichen Kunst waren somit keine Grenzen gesetzt und er hat mit 14 Jahren begonnen Instrumente sich selbst beizubringen.
Seit dem hat ihn das Thema Beat- und Musikproduktion nicht mehr losgelassen. Seine einzigartigen Sounds haben ihm verholfen, sein Hobby schlussendlich zum Beruf zu machen und in die Top 3 der Charts zu gelangen. Mittlerweile gehören auch Kompositionen für die Film- und Werbeindustrie zu seinem Repertoire.

beyerdynamic trifft Zinobeatz - Portrait

Im Interview: Göcgel Dogan alias Zinobeatz
Im Interview erfährst du unter anderem, wie Göcgel sein Hobby zum Beruf gemacht hat und wie es abläuft, wenn man eine gemeinsame Session im Tonstudio erleben möchte.

Kopfhörer oder Lautsprecher?

Zinobeatz: Lautsprecher

Hardware Synthesizer oder VST?

Zinobeatz: VST

808 oder Analog Drumkit?

Zinobeatz: 808

Samplen oder Einspielen?

Zinobeatz: Samplen

Vinyl oder Serato?

Zinobeatz: Vinyl

Ostanatolien oder Bayern?

Zinobeatz: Ostanatolien

beyerdynamic: Zinobeatz, du bist bekannt als Produzent von Kurdo, Raf Camora, Mero und Olexesh. Wann hast du dein Hobby zum Beruf gemacht?

Zinobeatz: Mit ca. 14 Jahren habe ich mir selbst Instrumente spielen beigebracht. Ich konnte zwar keine Noten lesen, aber doch drei, vier Instrumente dann ganz gut spielen. Glücklich und zufrieden war ich damit allerdings nicht und ich wollte einfach mehr. Also habe ich mir Cubase heruntergeladen. Schnell war ich von den vielen Funktionen und dem Beat bauen angetan. An der Software halte ich bis heute noch fest. Zur damaligen Zeit gab es auch keine Social-Media-Plattformen wie YouTube, Instagram und Co. – man musste sich alles selbst beibringen, es gab keine Tutorials, etc. Bei Cubase habe ich mich wirklich durch alle Werkzeuge geklickt und Notizen gemacht. So habe ich angefangen Drums zu bauen und Melodien mit einem Midi Keyboard einzuspielen. Das hat Spaß gemacht. Einer meiner ersten Placements war dann tatsächlich Fard. Wir sind damals über MySpace in Kontakt gekommen. Danach ging es relativ schnell Schlag auf Schlag. So lernte ich dann über verschiedene Wege auch Kurdo kennen, der im Nachgang seine ersten Alben mit mir produzierte.

Um es kurz zu fassen: Ja, ich habe mein Hobby zum Beruf gemacht – aber das ging nicht von heute auf morgen. Disziplin, Hunger und harte Arbeit haben mir auf meinem Weg geholfen.

Zinboeatz im Interview
Zinboeatz im Interview

beyerdynamic: Im Gegensatz zu vielen Producern, die in Berlin oder Nordrhein-Westfalen zuhause sind, sitzt du in der bayerischen Hauptstadt München. War das mal irgendwie ein Problem? Wie funktioniert die Zusammenarbeit mit Künstler:innen?

Zinobeatz: In erster Linie war das zu Beginn tatsächlich ein Nachteil, weil viele Künstler:innen in den von euch genannten Bundesländer sitzen. Da sucht man sich natürlich erstmal einen Produzent:in vor Ort. Die Wahrscheinlichkeit, dass ein namhafte:r Künstler:in vor meiner Haustüre steht, war also gering. Aber die Welt wurde digitaler und die sozialen Medien gewannen immer mehr an Relevanz. Mit etwas Glück und Disziplin bist du dann auch auf die richtigen Personen gestoßen. Folglich kamen die meisten Künstler:innen nicht aus München. In den anderen Bundesländern und Städten hätte man wahrscheinlich mehr Optionen. Unterm Strich kann ich mich dennoch nicht beklagen. Heute darf ich Künstler:innen wie Kurdo, Mero oder Loredana in meinem Studio willkommen heißen.

beyerdynamic: Dein Tonstudio kann man mieten. Wie läuft das ab?

Zinobeatz: Das ist nicht ganz richtig. Mein Tonstudio vermiete ich nicht, weil ich im Endeffekt selbst dort den ganzen Tag arbeite und es als mein zweites Zuhause betrachte. Ich biete Künstler:innen „Sessions“ mit mir an, sodass wir im Tonstudio gemeinsam an ihrem Projekt arbeiten. Ich arbeite mit den unterschiedlichsten Künstler:innen aus aller Welt. Sei es aus München, aus Österreich, aus der Schweiz oder sogar aus Schweden. Das bringt einige Vorteile mit sich. Erstens, kann ich mir die Projekte natürlich aussuchen und zweitens, bin ich in der Lage Musiker-Talente zu entdecken, bevor sie auf dem Radar der großen Major-Labels landen. Zwei Fliegen mit einer Klappe.

beyerdynamic: Ist es essentiell als Produzent:in auch Instrumente perfekt zu beherrschen?

Zinobeatz: Heutzutage auf jeden Fall nicht. Es ist immer ein Vorteil, wenn man Gitarre spielen oder mit einem Keyboard umgehen kann, aber essentiell ist das nicht. Wichtig ist ein grundsätzliches Musikverständnis zu haben. Aber ob ich jetzt mit meiner Gitarre etwas selbst einspiele oder künstlich herstelle, nimmt sich nicht viel. Das ist in meinen Augen gleichermaßen gut. Musik entwickelt sich hierbei auch einfach. Beim Produzieren der Beats wird generell zuerst ein Sample kreiert, danach Drums implementiert und schlussendlich erneut kontrolliert. Wenn es sich ergibt, werden noch ein paar Top Lines eingefügt und die Hook etwas überarbeitet. Wenn man sich die Generation von heute anschaut, glaube ich, dass viele Produzent:innen tatsächlich wenig bis gar keine Instrumente mehr beherrschen.

beyerdynamic: Welches Genre hörst du privat am liebsten?

Zinobeatz: Privat mag ich den Street Vibe mit 90 BPM, aber so wirklich festlegen kann ich mich nicht. Ich genieße die Vielfalt. Als gute:r Produzent:in sollte man in jedem Genre was Gutes auf die Beine stellen können, aber dann doch schon auch sein Fachgebiet haben – ein Genre, in dem man herausragt, welches man am meisten fühlt. Dann ist es eigentlich auch nicht schwer, sich anzupassen. Richtung Dancehall, Richtung Afro-Trap, wo ich auch schon für eine Goldplatte produziert habe, etc.

„Nachts setze ich mich auch mal für ein paar Stunden an Samples […] und da machen die offenen Kopfhörer extrem viel Spaß. Man fühlt den Raum deutlich mehr, hat einfach etwas mehr Freiheit und nicht das Gefühl eingeschlossen zu sein.“

beyerdynamic: Welchen Kopfhörer nutzt du am häufigsten und inwiefern kommt er bei deiner Arbeit zum Einsatz?

Zinobeatz: Ich muss eingangs sagen, dass ich schon immer ein Fan von beyerdynamic war und seit jeher Kopfhörer der PRO Serie nutze. Den Anfang hat dabei natürlich der Klassiker DT 770 PRO gemacht. Der darf in keiner Gesangskabine fehlen. Der Komfort ist so genial, der Sound so neutral, dass man sich einfach perfekt auf die Vocals konzentrieren kann. Ich hatte noch nie eine:n Künstler:in in meinem Studio, welche:r die Kopfhörer nicht mochte. Beim Gitarre spielen trage ich die übrigens auch. Dann gibt es noch die offene Variante, den DT 990 PRO. Der kommt bei mir privat im Home-Office zum Einsatz. Nachts setze ich mich auch mal für ein paar Stunden an Samples, die ich geschickt bekomme und da machen die offenen Kopfhörer extrem viel Spaß. Man fühlt den Raum deutlich mehr, hat einfach etwas mehr Freiheit und nicht das Gefühl eingeschlossen zu sein. Beim Produzieren selbst, benutze ich primär Lautsprecher.

Zinobeatz im Studio

beyerdynamic: Was steht bei dir für 2022 auf der Agenda? Worauf dürfen wir uns freuen?

Zinobeatz: 2022 veröffentliche ich zum ersten Mal selbst als Künstler Musik. Meine erste Single „KURWAS & SCHASCHLIK“ ist im März erschienen. Der Song ist gemeinsam mit Olexesh und Malik Montana, einem der größten polnischen Rapper mit 1,7 Millionen monatlichen Zuhörer, entstanden. Das möchte ich definitiv weiter intensivieren: Single-Projekte mit Künstler:innen, mit denen ich schon jahrelang zusammenarbeite. Abgesehen von meiner Musik, steht auch mein Verlag immer mehr im Fokus. 2020 habe ich 29th Avenue Publishing gegründet und nach nur zwei Jahren sind wir mit 40 Produzenten sehr gut aufgestellt. Das Publishing übernimmt unser Partner Warner Chappell Music, die gerade administrativ eine große Stütze sind. 29th Avenue Publishing ist ein komplett eigenständiger Verlag, also keine Edition in einem Major Label. Ein reiner Produzentenverlag. Da ich gut in der Szene vernetzt bin, mich in der GEMA gut auskenne, wollte ich hier einfach ein paar Newcomer an die Hand nehmen und Potentiale auszuschöpfen. Ich verschicke zweimal pro Monat Beat Packages von mir und meinen 40 gesignten Produzent:innen an ca. 400 Empfänger. Im Link findet man ein ausgeklügeltes Dropbox-System. Das heißt, man sieht sofort auf den ersten Blick die verschiedenen Genres und kann da reinhören, worauf man gerade Lust hat oder explizit was für sucht. Das Feedback ist super und wir werden national und auch international immer relevanter. Ich stelle da auch wirklich mein Ego hinten an. Ob ich in den Credits stehe oder nicht, ist mir egal. Der Sound ist das was zählt.

beyerdynamic: Auf was kommt es deiner Meinung nach an, um in der Musikbranche erfolgreich zu werden?

Zinobeatz: Mit dieser Frage beschäftige ich mich tatsächlich des Öfteren. Warum habe ich es geschafft und andere nicht? Warum sind andere Kollegen:innen noch erfolgreicher? Zum Teil hat das sicherlich etwas mit dem Wohnsitz zu tun. In Berlin knüpfst du leichter Kontakte. Grundsätzlich würde ich sagen, dass man etwas opfern muss um etwas erreichen zu können. Dabei geht es nicht darum, sich im Tonstudio einzusperren und nur Musik zu produzieren. Menschen brauchen das Gleichgewicht mit Familie und Freunde. Es geht mehr darum, sich die Zeit zu nehmen, um an seinem persönlichen Sound zu arbeiten, was wiederum Jahre dauern kann. Doch an den Punkt zu kommen, dass man seinen eigenen Sound gefunden hat, jeder zweite Beat von Künstler:innen ausgewählt wird oder dein Beat auf ein Album kommt, ist keine Selbstverständlichkeit. Man benötigt auch einen gewissen Instinkt, ein Gefühl, was gerade angesagt ist. Wie passen Hi-Hat, Kick, Snare, etc. perfekt zusammen? Klingt alles harmonisch? Da ist dann schon Fingerspitzengefühl gefragt.

Zinobeatz beim Produzieren

beyerdynamic: Siehst du einen Wandel in der Bezeichnung Produzent:in?

Zinobeatz: Der Produzent ist in der Hinsicht schon der Künstler, der den Song am Ende zum Gesamtkunstwerk macht. Natürlich kommt es nicht nur auf den Beat an. Die Top Lines, Vocals und der Rap Part zählen ebenso, aber genau das ist die Aufgabe vom Produzenten. Er muss die Übersicht haben. Da sehe ich auf alle Fälle einen Wandel. Auch die Art und Weise wie Geschäfte gemacht werden ist amerikanischer geworden. Produzenten kriegen mittlerweile auch Prozente und Beteiligungen an den Songs.

beyerdynamic: Was möchtest du angehende Produzent:innen mitgeben?

Zinobeatz: Mit Liebe und Beharrlichkeit arbeiten, viel Geduld und Disziplin haben, aber zugleich auch nicht zu viel erwarten. Wenn jemand deinen Sound liebt, meldet er sich. Sei selbstbewusst in dem was du machst. Brenne für deine Arbeit. Und wenn man keine Rückmeldung bekommt, geht die Welt nicht unter. Neue Beats bauen und wieder von vorne anfangen. Es geht immer weiter.

Ihr möchtet mehr über Zinobeatz erfahren? Dann schaut auf seinen Social-Media-Kanälen und seiner Webseite vorbei und bleibt up-to-date:

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