Latenz im Tonstudio: 5 Tipps, um sie zu verringern

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LATENZ IM TONSTUDIO: 5 TIPPS, UM SIE ZU VERRINGERN

Latenzen sind ein bekanntes und leidvolles Thema bei Producer:innen und Musiker:innen. Eine nervende Verzögerung der Sounds kennen viele nur zu gut. Die Lösung: einfach an den Einstellungen in der Digital Audio Workstation (DAW) schrauben, oder? Schön wäre es! Prompt gelangt der Rechner an seine Grenzen und es knackst und hackt nur noch aus den Monitorboxen. In diesem Beitrag geben wir dir Tipps an die Hand, mit denen du deine Latenz verringern kannst.

INHALTSVERSZEICHNIS

Wie macht sich Latenz im Studio bemerkbar?

Im Studio ist Latenz beim Recording ein klarer Störfaktor. Wenn man beispielsweise den eigenen Gesang mit einem an ein Audio-Interface angeschlossenes Mikrofon aufnimmt und ihn gleichzeitig über Kopfhörer abhört, nimmt man die eigene Stimme oft verzögert wahr. Grob gesagt ist Latenz also der Zeitversatz zwischen der Erzeugung des Sounds und dessen Eintreffen in unseren Ohren.

Latenz als Störfaktor im Studio

Gehen wir von einem Standardsetup aus, wie es in vielen Homestudios verwendet wird:
Ein Recording-Mikrofon ist über ein 2-Kanal-Interface an den PC und somit an die DAW angeschlossen. Am Output des Interfaces hängen zwei Monitorlautsprecher sowie offene Monitoring-Kopfhörer.

Die Wegstrecke des Signals lässt sich wie folgt darstellen:

Im orangen Bereich „Computer + Interface“ entstehen viele verschiedene Latenzen, die sich wie in der folgenden Abbildung beispielhaft dargestellt schließlich summieren. Es entstehen Latenzen beim A/D-Converter, das Interface selbst hat eine Latenz und die DAW nutzt einen Input-Buffer. Je nach Processing wird in der DAW beispielsweise durch einen Audioeffekt auf der Aufnahmespur eine zusätzliche Latenz erzeugt. Das Signal geht erst dann wieder über den Output an das Interface und den D/A-Wandler zurück an die Kopfhörer bzw. die Monitorlautsprecher. Bei Monitorlautsprechern ist außerdem die akustische Wegstrecke des Signals von den Lautsprechern bis zu unseren Ohren nicht zu unterschätzen.

Besonders DAW und Processing (digitale Klangerzeugung) sowie Buffering (Zwischenspeichern) sorgen dafür, dass die Latenz ansteigt. Die Latenzen in der nächsten Abbildung sind beispielhafte Annahmen unserer Akustiker zur vereinfachten Darstellung der Problematik.

In Summe kommt man in diesem Beispiel auf 7,8 bis 12,8 ms In/Out-Latenz, hinzu kommt noch die Processing-Latenz des Softwareinstruments oder des Effekts.

Lösungsansätze:

Die im Folgenden aufgeführten Möglichkeiten solltest du dir genauer anschauen, wenn du die technische Situation verbessern möchtest:

Lösungsansatz 1: Direct-Monitoring

Viele Audiointerfaces, auch bereits günstige Einsteigermodelle, bieten die Möglichkeit des direkten Monitorings. Dabei wird das Eingangssignal direkt abgegriffen, vorverstärkt und auf den Monitorpfad gelegt. Das geht beispielsweise auch mit unserem USB-Mikrofon FOX. Die gesamte Processing-Latenz kann so umgangen werden.

Lösungsansatz 2: Einstellungen in der DAW anpassen

Es ist möglich, zumindest für den Zeitraum der Aufnahme, eine geringe Buffersize in der DAW einzustellen, falls das verwendete Audio-Interface kein Low-Latency-Monitoring unterstützt. Zusätzlich kann die Samplingrate erhöht werden, wofür allerdings die entsprechende Rechenpower mit vielen Parallelkernen nötig ist. Auf diese Weise können Software-Effekte weiter genutzt werden. In vielen Fällen ist es auch sinnvoll, WLAN und alle anderen temporär nicht notwendigen Applikationen während des Arbeitens zu deaktivieren. Auch ein Upgrade deines Arbeitsspeichers schadet nicht.

Lösungsansatz 3: Leistungsstärkere Soundkarte anschaffen

Je nach Soundkarte verhält sich die Processing-Latenz anders. Das hängt natürlich auch immer von deinem Budget und dem verwendeten Computer ab. Obendrein hat die technische Funktionsweise der Soundkarte Einfluss auf die Processing-Latenz. Beim Kauf solltest du unbedingt die angegebenen Latenzen bei jeweils derselben Buffersize und Samplingrate vergleichen, um dir einen Überblick zu verschaffen. Diese Angaben findest du meist schon vor dem Kauf in den Datenblättern der jeweiligen Produkte.

Lösungsansatz 4: Analoge Technik verwenden

Mit analogen Geräten lassen sich Latenzen grundsätzlich umgehen, denn dort findet kein Processing statt. Analoge Geräte sind also von Natur aus (meistens) latenzfrei. Allerdings sind Bandmaschinen, analoge Mischpulte etc. kostspielig und oft nicht leicht zu bedienen. Eine Möglichkeit: Man nutzt ein Analogpult als Frontend für die DAW (ähnlich wie Direct Monitoring).

Lösungsansatz 5: Low-Latency-Monitor-Mixer

Ein Low-Latency-Mixer bringt unter anderem den Vorteil mit sich, ein Audiosignal so routen zu können, wie man es gerne hätte. Ein weiterer Pluspunkt: Du kannst Signale mit unterschiedlicher Lautstärke auf verschiedene Kopfhörerwege fürs Monitoring legen. Das macht besonders bei Mehrkanalaufnahmen (zum Beispiel für Drums) Sinn.

Weitere Optionen, um Latenzen zu umgehen

  • DSP-gestützte Lösungen (beispielsweise das Protools HDX-System von Avid) sind der Standard in professionellen Produktionen
  • Digitale Standalone-Recorder für Livemitschnitte eignen sich hervorragend für Band- oder Klassikaufnahmen. Hier werden die Inputs teilweise mittels Relais auf den Output geschaltet.

Fazit

Es braucht nicht immer eine große Investition, manchmal genügt es auch, die Einstellungen des PCs zu überprüfen. Die meisten günstigen Audio Interfaces sind für den Direct Monitoring-Betrieb geeignet. Wie so oft gibt es beim Preis nach oben hin keine Grenzen. Letztendlich musst du selbst entscheiden, welche Latenz du bei deinem Anwendungsbereich tolerieren möchtest. Im Idealfall sollte der kreative Arbeitsfluss nicht gestört werden.

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