beyerdynamic trifft Mixing & Mastering Engineer Kingsize

Lesezeit 6 min

BEYERDYNAMIC TRIFFT KINGSIZE

EINER DER KREATIVEN KÖPFE HINTER UNZÄHLIGEN DEUTSCHEN HITS 

Nur selten sieht man die Gesichter, die hinter den Top-Hits aus den Charts stecken. Yunus alias Kingsize ist eines davon. Er ist Mixing und Mastering Engineer. Viele seiner Arbeiten haben es Alben und Tracks erlaubt, bis an die Spitze der deutschen Charts zu steigen. In seiner bisherigen Laufbahn kreuzten seine Wege schon die von unzähligen bekannten Größen aus der Hip-Hop Szene wie Shirin David, Lea oder Bushido. Er war an 100 Gold und Platin Auszeichnungen beteiligt.

Yunus alias KINGSIZE Portrait

Im Interview: Yunus Cimen alias Kingsize
Er erzählt unter anderem, wie sein Studio aufgebaut ist und welche Musik er privat gerne einlegt.

NS10s oder Auratones?

Yunus: Auratones

Urei 1176 oder Tube-Tec CL 1B (für Vocals)?

Yunus: Ich benutze beide tatsächlich. Für den Mix Urei 1176 und für Recordings Tube-Tec CL 1B.

Hardware oder Plugins?

Yunus: Plugins

Fader Automation oder Clip Gain?

Yunus: Fader Automation!

Panning: Hartes Left Center Right oder auch Zwischenpositionen?

Yunus: Kommt drauf an, in der Regel hartes Panning.

Kompression: Einzelspuren oder Parallelkompression?

Yunus: Beides. Einzelspuren, Bus Kompression oder Parallelkompression, generell wird alles komprimiert.

Hall oder Delay?

Yunus: Beides gleich wichtig.

beyerdynamic: Als kleiner Junge träumt man davon Profi-Fußballer oder Feuerwehrmann zu werden. Wann hast du den Weg zum Mix- & Mastering Engineer eingeschlagen? Erzähl uns etwas über deinen Werdegang.

Yunus: Um die 2000er habe ich angefangen mit Eko Fresh zu rappen. Durch seine Bekanntschaft mit Kool Savas war unser Ziel hier von Anfang an, das professionell zu machen und davon leben zu können. Wir wollten unser Hobby zum Beruf machen. Da ich damals immer der Recording Engineer und Produzent war, habe ich alles aufgenommen und war für den Sound verantwortlich. Als wir damals angefangen haben, wussten wir nicht, dass sowas wie ein Mixing Engineer überhaupt existiert. Aber ab einem gewissen Punkt, ich schätze so ca. 2002 / 2004, kam ein Punkt, wo ich gemerkt habe, dass unsere Musik nicht gut genug klingt. Wenn ich amerikanischen Rap z. B.  gehört habe und es mit unserer Musik verglichen habe, war da klangmäßig eine riesen Diskrepanz. Dadurch habe ich angefangen mich intensiver mit Klang zu beschäftigen und war zunächst dann eben Mixing Engineer. Ab 2016 habe ich mich dann auch dem Mastering gewidmet. Das war für mich der Weg zum Mixing und Mastering Engineer. Irgendjemand musste den Sound einfach besser machen.

Yunus im Interview mit beyerdynamic

beyerdynamic: Hat sich an deinem Job während der Pandemie etwas geändert?

Yunus: Ja und nein. An meinem Job an sich hat sich während der Pandemie nichts geändert. Ich befinde mich in einer der wenigen Berufsgruppen, die keinen Nachteil dadurch hatten und kann mich glücklich schätzen. Alles in allem habe ich sogar etwas mehr Aufträge bekommen, da Leute durch die Quarantäne oder Quarantäne bedingt nicht raus durften, nicht in professionelle Studios waren, dennoch Musik daheim gemacht haben und dann komme ich wieder ins Spiel.

beyerdynamic: Wenn du Material zum Mischen und Mastern erhältst – was macht dir da häufig das Leben schwer?

Yunus: Grundsätzlich macht mir nichts das Leben schwer. Nicht ganz einfach ist es, wenn Musiker oder Produzenten eine gewisse Vorstellung im Kopf haben, die sie nicht zum Ausdruck bringen können. Mit differenzierter Kritik kann ich super umgehen, auch wenn ich manchmal ein anderes Verständnis von gutem Sound habe. Manchmal braucht es aber mehrere Anläufe um auf einen gemeinsamen Nenner zu kommen. Das kostet dann Zeit. Bei der Musik bzw. beim Abmischen und Mastering ist es wie beim Essen. Geschmäcker können verschieden sein.

„Tatsächlich höre ich aber sehr viel Jazz. Der Funky Jazz aus den 70ern ist eine meiner Lieblingsmusikrichtungen.“

beyerdynamic: Was für Musik hörst du privat?

Yunus: Ich höre privat viel Musik, tatsächlich aber wenig Deutschrap. Könnte daran liegen, dass ich berufsbedingt mehr Deutschrap höre als sämtliche Fans da draußen (lacht). Young Dolph ist gerade einer meiner Lieblingskünstler. Also wenn ich Rap in meiner Freizeit höre, dann meistens amerikanischen Rap. Tatsächlich höre ich aber sehr viel Jazz. Der Funky Jazz aus den 70ern ist eine meiner Lieblingsmusikrichtungen.

beyerdynamic: Kannst du Musik genießen oder ärgerst du dich oft über schlechte Produktionen und denkst dir, dass du das anders gemacht hättest?

Yunus: Ich kann Musik auf alle Fälle genießen, weil ich gelernt habe, Musik objektiv hören zu können. Ich höre natürlich direkt raus was z. B. für eine Art von Kompression benutzt wurde. Das geht instinktiv. Grundsätzlich vertrete ich aber die Meinung, dass es keine schlechten Produktionen gibt. Klar gibt es welche, die nicht so gut sind, aber die haben trotzdem ihre Berechtigung. Mit guten Lautsprechern und guten Kopfhörern hört man, dass jede Produktion anders klingt. Das muss man aber nicht bewerten. Jede Produktion hat seine Berechtigung. Also, nein, um die letzte Frage auch noch zu beantworten, ich denke mir beim Musikhören nicht, dass ich etwas anders gemacht hätte.

beyerdynamic: Welcher Kopfhörer ist dein Liebling und inwiefern kommt er bei deiner Arbeit zum Einsatz?

Yunus: Mein Lieblingskopfhörer war lange Zeit der DT 1990 PRO. Jetzt habe ich aber den DT 900 PRO X erhalten, und muss sagen, dass mir dessen Soundabstimmung noch eine Nuance besser gefällt. Ich mastere zwar nicht mit Kopfhörern, aber ich benutze sie als Abhörreferenz. Das heißt, dass ich im Studio immer ein paar Kopfhörer neben mir liegen habe, und genauso wie ich meine Auratones zum Abhören nutze, benutze ich auch meine Kopfhörer als Abhörreferenz.

DT 900 PRO X im Studio
DT 900 PRO X

beyerdynamic: Wie können wir uns dein Studio sonst so vorstellen? Welche Hardware / Tools sind für dich unverzichtbar?

Yunus: Ihr könnt euch mein Studio als ein kompaktes Mixing- / Mastering Studio ohne Mischpult vorstellen. Ich arbeite auf einem Hybrid System, sprich sehr viel im Computer. Ich habe für mein Mastering auch eine Hardware Outboard-Kette. Sie besteht aus zwei sehr alten und noch originalen SSL Channel Strips, die man nicht mehr kaufen kann. Einem Rupert Neve Masterbus Prozessor/Kompressor und die Wandlung sind ein Burl Audio Bomber DA und ein Lavry Gold AD. Mit dem Hybrid Studio kann ich jede Session schnell recallen, da ich kein Mischpult habe und nicht alles umstellen muss. Ein Mischpult sehe ich heutzutage einfach nicht mehr als notwendig an.

Unverzichtbar ist für mich eine gute Raumakustik ganz generell. Danach folgen meine Lautsprecher, Amphion Two18, die ich mit einem BaseOne25 System benutze. Ich muss sagen, dass ich ein relativ kleines Set-Up habe, aber da alles unverzichtbar ist. Mein Mono Auratone und natürlich mein Computer fallen mir als nächstes ein. Selbst wenn ich ein bisschen Hardware habe um den letzten Schliff zu geben, bin ich kein Hardware Verfechter. Ich würde zum Beispiel nicht in einem Song 12 Inserts einfügen, nur damit ich irgendwelche Hardware Komponenten benutzen kann. Das macht für mich heutzutage keinen Sinn mehr, weil Plug-Ins oft sehr gut sind. Klar, so gut wie die originale Geräte klingen sie nicht, aber dennoch gut genug um sie ohne schlechtes Gewissen verwenden zu können. Ist am Ende vom Tag auch alles immer etwas Geschmackssache. Zum Beispiel den Universal Audio 1176LN mag ich als Plug-In fast lieber als den echten, es sei denn man kriegt einen Vintage UREI 1176 Blue Stripe aber im Vergleich zum Blackface 1176LN Reissue von Universal Audio finde ich das Plug-In tatsächlich besser. Der Grund dafür ist, dass das Originalgerät rauscht, die Verarbeitung schlecht ist und die Potis knarzen. Da muss man einfach abwägen. Hardware heißt nicht unbedingt, dass es besser ist. Beispielsweise fällt mir da das Thermionic Culture Vulture Super 15 ein. Das ist ein Gerät für Distortion und Saturation. Da sind Röhren verarbeitet und man fährt quasi die Elektronik heiß an. Das ist ein Mechanismus, der als Plug-In nicht funktioniert. Es gibt also kein Plug-In, was sich so gut und so schön fährt wie diese analoge Box. Wir haben jetzt also doch noch Geräte gefunden, bei welchen sich Hardware doch wirklich von Software unterscheidet. Das bekommt man als Plug-In nicht hin.

beyerdynamic: Welche Audiotrends siehst du in der Zukunft?

Yunus: Ich sehe Dolby Atmos als Zukunftsaudioformat. Es sind schon viele Surround-Formate aufgetaucht bislang. Es fing damals an mit Quadrofonie, wo sich Leute vier Lautsprecher aufgestellt haben. Dann kam halt Musik im Surroundformat. Das Problem ist nach wie vor, dass es voraussetzt, dass man eine Surround Anlage zu Hause hat, die perfekt oder nahezu perfekt aufgestellt ist. Das hat aber nahezu keiner. Es gibt ganz wenige Menschen, die eine Surround Anlage so aufgestellt haben, wie es vorgegeben ist, um dementsprechend dann auch die Musik so zu hören, wie sie gedacht ist. Wenn die Anlage nicht exakt so aufgestellt ist, wie es vom Hersteller gedacht ist, hört sich alles schlecht darauf an. Das war der Grund, warum sich Surround Sound nicht durchgesetzt hat. Jetzt aber, in Zeiten von Dolby Atmos und 3D Audio über Kopfhörer, wo quasi jeder Otto-Normalverbraucher sich einen Kopfhörer reinsteckt und Surround hat, macht es die Sache einfacher. Das kriegt jeder hin und gerade auch in Bezug mit Virtual Reality und Augmented Reality, dass es der Audiotrend und das neue Tonformat ist. Klangtechnisch glaube ich, dass es alles wieder ein bisschen leiser wird. Meiner Meinung nach hatten wir einen Peak bei Metallica mit Death Magnetic, denn das Album klingt schrecklich. Das weiß auch jeder in der Audioszene. Da wurde es maximal übertrieben und hat am Ende keinem mehr gefallen. Jetzt werden wir wieder ein bisschen leiser, vielleicht nicht von den RMS Zahlen, wo ich beim Mastern auch auf -8 dB RMS bin, aber es klingt trotzdem dynamischer und nicht mehr gepresst. Musikalisch habe ich wirklich keine Ahnung, was die nächsten Jahre passieren wird, aber beim Audioformat, da glaube ich eben fest an Dolby Atmos.

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