Was ist Dolby Atmos?

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WAS IST DOLBY ATMOS?

Dolby Atmos ist in aller Munde und das aus gutem Grund. Dabei ist das Thema Dolby Atmos etwas komplexer. Viele Anwender schrecken davor zurück, sich mit Immersive Audio und speziell Dolby Atmos und dessen Besonderheiten intensiver zu befassen. Deswegen möchten wir euch das Thema in ausführlicheren Blogs, aufgeteilt auf mehrere Beiträge näher bringen. Der nächste Blog ist dem Konsumenten und Kopfhörerhören gewidmet. Der dritte Teil befasst sich dagegen mit der Dolby Atmos-Studioproduktion.

Wir bereiten die einzelnen Aspekte in verständlicher Form auf, um euch einen Einblick in die Gegenwart und Zukunft von Immersive Audio zu vermitteln. Und vielleicht werdet ihr dann bald selbst zu Dolby Atmos-Produzenten. Immersive Audio ist die Zukunft, und damit auch Dolby Atmos.

Wenn ihr Teil dieser Zukunft sein wollt, ist es an der Zeit, sich mit dem Thema näher zu beschäftigen.

Dolby Atmos Logo

Dolby Atmos ist immer am entsprechenden Logo zu erkennen.

INHALTSVERZEICHNIS

Für wen ist Dolby Atmos gedacht?

Und für welche Musikrichtung ist Dolby Atmos überhaupt geeignet? Die Antwort ist so kurz wie einfach: für alle. Je nach musikalischem Genre gibt es jedoch unterschiedliche Verfahren, wie man in Dolby Atmos produziert. Zudem lassen sich die Möglichkeiten unterschiedlich ausschöpfen. Während bei klassischer oder Live-Musik der Fokus vor allem darauf gelegt wird, die reale Akustik abzubilden bzw. den Zuhörer in einen virtuellen Konzertsaal oder die Konzerthalle zu versetzen, so gehen zum Beispiel Hip-Hop oder elektronische Musik von Dark Ambient bis EDM ganz andere Wege. Hier möchte und kann man mehr 3D-Effekte nutzen.

Schematische Darstellung:
Stereo

Quelle: Dolby Atmos

Schematische Darstellung:
Sourround Sound

Quelle: Dolby Atmos

Von Mono- zu Surround-Sound

Bevor wir euch die Frage „Was ist Dolby Atmos?“ beantworten, müssen wir zunächst klären, was sich hinter Immersive Audio bzw. 3D-Audio verbirgt. Die Wiedergabe von Audio hat sich auf Seiten des Zuhörers über die Zeit nicht nur verändert, sondern merklich verbessert. Zuerst gab es Mono, dann Stereo und zu Beginn des 21. Jahrhunderts kam das Wiedergabeformat Surround-Sound auf. Bei letzterem kommt der Schall nicht ausschließlich von vorne, sondern von Lautsprechern, die im Raum um den Zuhörer herum platziert sind. Damit wird der Höreindruck zum Beispiel von einem Konzert oder dem Sound eines Kinofilms um einiges realer, denn der Zuhörer sitzt virtuell mitten im Geschehen.

In der Regel kommen in einem Surround-Sound-Setup fünf oder sechs Lautsprecher zum Einsatz, die um den Zuhörer herum im Raum positioniert sind. Hierbei gibt es eine bestimmte Anordnung, die als 5.0 oder 5.1 bezeichnet wird: zwei Lautsprecher links und rechts vorne, ein Lautsprecher in der Mitte – dieser wird als Center-Lautsprecher bezeichnet. Weitere Lautsprecher werden hinten bzw. an der Seite platziert. Zusätzlich gibt es bei einer Lautsprecherkonfiguration 5.1 noch einen Subwoofer für die Wiedergabe der tiefen Frequenzen, die vom menschlichen Gehör nicht geortet werden können. Deswegen wird auch nur ein Subwoofer benötigt. Grundsätzlich sind in einem Surround-Sound-Setup auch mehr Lautsprecher an der Seite beziehungsweise hinten, beispielsweise im Format 7.1 und 9.1. möglich. Durch die höhere Anzahl an Lautsprechern wird der Sound beim Zuhörer noch einmal realer abgebildet. Bei 5.0. bzw. 5.1 können bei der Wiedergabe von Klängen aus einer bestimmten Richtung Lücken entstehen, die sich durch eine größere Anzahl an Lautsprechern vermeiden lassen.

Schematische Darstellung: Dolby Atmos

Quelle: Dolby Atmos

3D-Audio – der nächste Schritt

Damit aber nicht genug. Surround ist gewissermaßen 2D-Sound, denn das Format kann keinen Klang abbilden, der von oben kommt. Selbst in einem Konzertsaal mit klassischem Orchester kommt der Klang nicht nur von der Bühne. Auch die Zuschauer bzw. der Applaus werden vom Zuhörer hinter und neben sich wahrgenommen. Zudem gibt es Reflexionen des Schalls von den Seitenwänden und von hinten und natürlich auch von der Decke. Aus diesen Gründen bedarf es einer zusätzlichen, dritte Dimension bei der Beschallung: Für 3D-Audio-Formate wurden noch zusätzliche Höhen- bzw. Decken-Lautsprecher hinzugefügt. In der Regel handelt es sich um zwei bzw. vier Lautsprecher. Es gibt jedoch auch Formate mit sechs Höhenlautsprechern. Typische 3D-Audio-Beschallungsformate für Home-Anwendungen sind 5.1.2, 5.1.4, 7.1.4 sowie 9.1.4 und selbst 9.1.6 für besonders anspruchsvolles 3D-Audio-Monitoring in Tonstudios. Bislang war bei Lautsprecher-Wiedergabeformaten aufgrund der hinzugefügten dritten Dimension von 3D-Audio die Rede. Es wird aber häufig auch die Bezeichnung Immersive Audio verwendet. Im Prinzip handelt es sich um das Gleiche. Der einzige Unterschied ist die Betrachtungsweise. 3D nimmt Bezug auf die drei Raumdimensionen, das heißt es handelt sich um eine physikalische Beschreibung der Dinge. Bei „Immersive“ steht hingegen im Vordergrund, dass sich der Zuhörer mitten im Geschehen befindet und das Hauptaugenmerk liegt darauf, wie er die Akustik wahrnimmt. Wörtlich übersetzt bedeutet der englische Begriff immersive so viel wie „eintauchen“.

Dolby Atmos – Lautsprecheranordnungen

5.1.2 Setup

5.1.4 Setup

7.1.4 Setup

Es gibt verschiedenste Möglichkeiten, ein Dolby Atmos-Lautsprecher-Setup aufzubauen. Das kleinste sinnvolle Setup ist 5.1.2. Im Studiobereich von Musikproduktionen ist ein solches jedoch kaum zu finden. Hier ist 5.1.4 sicherlich das am weitesten verbreitete. Auch 7.1.4 ist hier häufig anzutreffen. 9.1.4 ist dagegen fast ausschließlich in Klassik-Musik-Tonstudios anzutreffen.

Werfen wir einen Blick auf die Abbildungen der drei Setups. Die Lautsprecher sind hier wie folgt nummeriert:

2 sind die Lautsprecher links/rechts, 3 ist der Center-Lautsprecher in der Mitte vorne und 4 ist der Subwoofer. Die weiteren Ziffern kennzeichnen die Surround-Lautsprecher; die Lautsprecher mit den höchsten Ziffern sind immer die Höhenlautsprecher. Die Position mit der Ziffer 1 zeigt den optimalen Platz für den Zuhörer an.

Von der Seite betrachtet gibt es für die Anordnung der Höhenlautsprecher auch gewisse Freiheiten hinsichtlich des Anstellwinkels.

Benötige ich jetzt neue Lautsprecher für mein Studio?

Wenn der Wunsch besteht und ihr ausschließlich über Lautsprecher hören möchtet, dann lautet die Antwortet – ja. Ein besonders interessanter Aspekt ist allerdings, dass bei Dolby Atmos auch das räumliche Hören über Kopfhörer möglich ist, mit Einschränkungen gilt das auch im Musik-Produktionsstudio. Das heißt für den Einstieg in Dolby Atmos müsst ihr nicht zwangsläufig statt wie bisher zwei nun sofort sieben oder mehr Lautsprecher verwenden, sondern könnt die Dolby-Produktion erst einmal über Kopfhörer erstellen. Auch ein mobiles Arbeiten an Projekten ist somit gewährleistet.

Auf diese „Binauralisierung“, so der Fachbegriff, gehen wir später noch genauer ein, denn sie ist ein ganz wichtiger und interessanter Punkt und das nicht nur auf Produzentenseite, sondern besonders auf der Seite der Konsumenten bzw. Musikhörer. Ein Großteil der Musikkonsumenten hört heute Musik über Kopfhörer und auch du kannst in den Genuss von Immersive Audio über Dolby Atmos kommen.

Zusammengefasst lässt sich sagen, dass sowohl verschiedenste Lautsprecher-Formate, als auch die Kopfhörerwiedergabe von Dolby Atmos unterstützt werden. Dolby Atmos ist damit universell einsetzbar und deswegen auch so weit verbreitet. Für jeden bzw. jedes Endgerät ist das Passende dabei: vom großen Heimkino-Setup bis hin zum Hören über das Smartphone in der U-Bahn – Immersive Audio everywhere.

Deep Dive – Das Geheimnis hinter Dolby Atmos

Das hört sich ja alles toll an. Die Frage ist aber: „Wie macht Dolby das eigentlich?“ Das Geheimnis hinter Dolby Atmos heißt Objekte. In der Tonstudiotechnik denken wir immer in Kanälen und an das traditionelle Links-/Rechts-Panning auf einen Stereo-Ausgangsbus. Bei Dolby Atmos Home gibt es auch Busse. Sie heißen dort „Bed“ und sind immersiv – also mehrkanalig. Es gibt mindestens ein Basis-Bed im Format 7.1.2. Die einzelnen Kanäle lassen sich darauf routen und in jedem Kanal gibt es einen Panner – eben nicht auf Stereo, sondern auf 7.1.2. Es lassen sich auch weitere Beds anlegen, aber maximal in der Größe bzw. dem Format 7.1.2. Das bedeutet, dass über die Beds nur maximal zwei Höhenlautsprecher abgebildet werden können und sich deshalb eine virtuelle Schallquelle in der Höhe nur bedingt platzieren lässt. Es gibt bei den Beds sozusagen maximal oben rechts/links aber nicht oben hinten oder vorne. Wenn es also darum geht, eine Schallquelle, insbesondere im Hinblick auf die Höhenempfindung präziser zu definieren, dann muss man bei Dolby Atmos Home einen anderen Weg beschreiten.

Statt einen Kanal auf das Basis-Bed oder einen anderen Bed zu routen, kann man aus einem Kanal ein Objekt machen. Ein Objekt ist gewissermaßen ein Kanal mit dem Signal, plus Informationen darüber, wo die virtuelle Schallquelle im Raum platziert wird. Man könnte hier auch von 3D-Koordinaten im virtuellen Raum sprechen. Das hat den Vorteil, dass sich die Schallrichtung aus Sicht des Zuhörers exakter beschreiben lässt. Zudem können diese Objekte auch wandern, sind also dynamisch. Hierzu werden die Objekt-Koordinaten einfach aufgezeichnet bzw. automatisiert. Man spricht in diesem Kontext auch von sogenannten Metadaten. Anhand der Objekte lässt sich auch das Problem der Beschränkung der Höhenkanäle des 7.1.2-Beds lösen.

Bei Musikproduktionen, bei denen es vor allem um die Raumabbildung geht, entscheidet man sich häufig für ein 7.1.2-Basis-Bed in Verbindung mit vier Objekten, die die vier Höhenlautsprecher abbilden. Unter bestimmten Bedingungen kann so auf weitere Objekte verzichtet werden. Vor allem bei Klassik-Produktionen entscheidet man sich für diesen Weg. Aber gerade bei modernen Musikproduktionen möchte man natürlich aus dem vollen 3D-Potential von Dolby Atmos und Immersive Audio schöpfen Deswegen ist hierbei die Nutzung von Objekten die bevorzugte Vorgehensweise.

Insgesamt lassen sich bei Dolby Atmos 128 „Kanäle“ nutzen. Auf das 7.1.2-Basis-Bed entfallen alleine schon zehn Kanäle. Bleiben also noch 118 Kanäle für weitere Beds bzw. Objekte.

Weiterlesen:

Mit welchen Kopfhörer Modellen lässt sich Dolby Atmos am besten hören? Benötigt man dann überhaupt noch Lautsprecher? Jetzt Teil 2 lesen.

Erfahre, wie du Dolby Atmos in deine Musikproduktion integrierst und in die faszinierende Welt eines immersiven Klangerlebnisses eintauchst. Jetzt Teil 3 lesen.

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