Unterschiede bei der Mikrofonierung von Instrumenten und Gesang

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UNTERSCHIEDE BEI DER MIKROFONIERUNG VON INSTRUMENTEN UND GESANG

Hilfe … meine Geige hat keine Klinkenbuchse!

Zu irgendeinem Zeitpunkt sind wir alle einmal in eine ähnliche Situation hineingestolpert und standen vor der Frage: „Wie können wir Instrumente aufnehmen, in die man nicht so einfach ein Kabel einstecken kann?“ Also alles, wo man in irgendeiner Form ein Instrumentenmikrofon braucht, wie zum Beispiel Schlagzeug, Klavier, Akustikgitarren, Streichinstrumente, Blasinstrumente.

Aber was ist genau ein „Instrumentenmikrofon“? Wann brauche ich das? Und was muss ich bei der Auswahl und beim Einsatz beachten? Lasst uns ein wenig Licht ins Dunkel bringen.

INHALTSVERZEICHNIS

Was ist eigentlich der Unterschied zwischen einem Instrumentenmikrofon und einem Gesangsmikrofon?

Es ist Dir bestimmt schon einmal aufgefallen, dass Mikrofone quasi immer grob in 2 Kategorien einsortiert werden:

  1. Gesangsmikrofone
  2. Instrumentenmikrofone

Warum ist das so? Sind das nicht alles einfach Mikrofone?
Ja, eigentlich sind das alles einfach Mikrofone. Zumindest rein technisch, im Sinne, dass es Schallwellen in elektrische Signale umwandelt. Wenn wir aber einmal einen genaueren Blick auf die Anwendung in der Praxis werfen, gibt es doch ein paar signifikante Unterschiede.

Gesangsmikrofone

Gesangsmikrofon M 90 PRO X beyerdynamic
Gesangsmikrofon M 90 PRO X beyerdynamic
  • Die Stimme der Sänger kommt aus dem Mund. Wir brauchen also ein Mikrofon, welches alles, was „von vorne“ kommt, maximal gut aufnimmt und für alles andere möglichst „taub“ ist. Technisch übersetzt bedeutet das: ein Mikrofon mit Nieren-, Supernieren- oder Hypernieren-Charakteristik.

  • Beim Singen entstehen Popp-Laute mit viel Luft, die überproportional laut sind (das berühmte „P“), und genauso lässt es sich nicht vermeiden, dass die Aussprache schon mal „feucht“ ist. So sind wir Menschen nun einmal konstruiert. Im Mund ist Spucke, sonst funktioniert dieser nicht. Ein Gesangsmikrofon wird also immer über einen sogenannten Poppschutz verfügen (meist ein Schaumstoff im Mikrofonkorb). Dieser stiehlt aber auch immer auch ein wenig hohe Frequenzen. Instrumentenmikrofone brauchen das nicht.

  • Action! Vor allem bei Live-Performances haben Sänger gerne Ihr Mikrofon in der Hand beim Performen. Das bewegt sich ständig hin- und her und muss die sogenannten „Handling-Noises“ gut unterdrücken. Auch werfen Sänger:innen ihr Mikrofon gerne mal runter. Es muss also robust sein und viel abkönnen. Beides gilt nicht für Instrumentenmikrofone, die meist fest auf einem Stativ oder mit einer Befestigungsklammer montiert sind.

Instrumentenmikrofone

Instrumentmikrofon MC 930 beyerdynamic
Instrumentmikrofon MC 930 beyerdynamic
  • Der große Unterschied zum Gesang ist, dass hier der Klang meist nicht von einer einzigen Stelle abgestrahlt wird, sondern wir es oft mit „Klangkörpern“ zu tun haben, bei denen das gesamte Instrument an der Klangerzeugung beteiligt ist.
    Preisfrage: „Wo kommt der Klang bei einem Klavierflügel raus?“. Antwort: „Er kommt vom ganzen Flügel.“ Wir müssen also viel stärker darauf achten, den „Gesamtklang“ einzufangen. Hier sind oft auch Mikrofone mit einer breiteren Richtcharakteristiken sehr gefragt, oder wir müssen mit mehreren Mikrofonen arbeiten, um den Gesamtklang einzufangen.

  • No Action! Ok, bitte nicht falsch verstehen. Dies soll nicht heißen, dass Instrumentalisten keine aufregende Performance hinlegen. Aber aus der Perspektive der Mikrofone betrachtet ist es doch meist so, dass diese „sicher“ auf einem Stativ angebracht oder mit einer Klammer fest am Instrument befestigt sind. Das sind doch etwas andere Voraussetzungen und man ist als Hersteller meist gut beraten, die kostbare R&D-Zeit nicht in aufwändige Poppschutze und elastische Aufhängungen zu investieren, sondern sich eher Gedanken über kleinere Formfaktoren und clevere Halterungen zu machen.

In Kürze: Was muss ich wirklich wissen?

M 88 Instrument- und Gesangsmikrofon
M 88: Gesang- und Instrumentmikrofon
M 88 Instrument- und Gesangsmikrofon
M 88 Instrument- und Gesangsmikrofon

M 88: Gesang- und Instrumentmikrofon

  • Gesangsmikrofone (vor allem aus dem Live-Bereich) haben andere Anforderungen in puncto Robustheit und Umgebungsgeräusche. Sie können problemlos auch für die Abnahme von Instrumenten verwendet werden, bieten aber oft nicht das optimale Klangergebnis.

  • Instrumentenmikrofone sollten in den meisten Fällen nicht für Gesang verwendet werden, da sie die Anforderungen in puncto Robustheit und Nebengeräusche nicht erfüllen. Speziell im Live-Bereich. Ausnahmen sind „Generalisten“ wie das M 88, welches über alle „Schutzmaßnahmen“ für Gesang verfügt, aber gleichzeitig mit seinem sehr weiten Frequenzgang zur Abnahme vieler Instrumente prädestiniert ist.

  • Akustische Instrumente sind oft „Klangkörper“, die als Gesamtes eingefangen werden müssen.

Gibt es auch Instrumente, für die man kein Mikrofon braucht?

Wann brauche ich denn kein Instrumentenmikrofon? Das wird schnell klar, wenn wir Instrumente einmal gedanklich in drei Kategorien einsortieren.

Elektronische Instrumente

E-Pianos, Keyboards, Synthesizer, E-Drums oder auch Laptops, Tablets, etc.

Also alle Instrumente, bei denen Klang ausschließlich elektronisch erzeugt wird und die ohne Lautsprecher keinen „Mucks“ machen. Diese Instrumente werden in den allermeisten Fällen direkt per Kabel ans Mischpult oder das Audio-Interface angeschlossen.

„Sonderfälle“ sind Klassiker wie E-Gitarre oder eine Hammond-Orgel. Beides sind Instrumente, die ihren typischen Sound erst mit speziellen Verstärkern und Lautsprechern entfalten. Der „Marshall-Stack“ an der E-Gitarre oder das berühmte „Leslie-Cabinet“ mit seinen rotierenden Lautsprechern. Somit braucht man doch wieder Instrumentenmikrofone, allerdings für den Lautsprecher des Verstärkers. Oder man verwendet einen „Speaker Emulator“, der dies elektronisch simuliert. Mit mehr oder weniger guten Ergebnissen.

„Elektrifizierte“ Instrumente

Gibt es den Begriff „elektrifizierte Instrumente“ überhaupt? Naja, jetzt gibt es ihn. Mit elektrifizierten Instrumenten meinen wir alle Instrumente, die eigentlich von sich aus „akustisch“ sind, für die aber im Laufe der Zeit Tonabnehmersysteme entwickelt wurden, um das Instrument ohne Mikrofon zu verstärken. Schallloch-Pickups bei Akustikgitarren oder Piezo-Tonabnehmer im Steg von Streich- und Zupfinstrumenten sind wohl zwei der am meisten verbreiteten Anwendungen. Hier ist sie: Unsere „Klinkenbuchse in der Geige“!

Was ist der Vorteil davon?

Der Vorteil ist, dass es vor allem bei Live-Anwendungen die Abnahme des Instruments deutlich erleichtert, da man immer ein klares und sauberes Signal hat und wenig Feedback-Probleme. Kabel reinstecken und los geht es. Stichwort: „Bühnentauglichkeit“.

Was ist der Nachteil davon?

Der Nachteil ist, dass das Signal aus dem Tonabnehmer nicht so klingt, wie es das Instrument „in echt“ tut. D. h. der Sound aus dem Schalloch-Pickup in der Akustik Gitarre klingt zwar einigermaßen nach einer „Akustikgitarre“, aber eben nicht wie das echte Instrument. In einer Top-40 Band überwiegen hier sicherlich die Praxisvorteile. Auch beim Kontrabass in einer Rockabilly-Combo. Bei einem klassischen Orchester wäre es aber ein absolutes „No-Go“, mit Tonabnehmern zu arbeiten, da dieses stark von dem tollen, akustischen Klang der verwendeten Instrumente lebt. Anders gesagt: Eine Stradivari mit Piezo-Pickup? Das wird nicht geschehen!

Akustische Instrumente

Nun sind wir endlich dort angekommen, wo Instrumentenmikrofone ihren natürlichen Lebensraum haben. Schlagzeug, Percussion, Saxofon, Flöte, Klavier, Geige, Cello, Mandoline, Akustikgitarre, Dudelsack, Kirchenorgel, Rassel-Ei, usw. Die Liste ist unendlich. Eben alles, wo es darum geht, den akustischen Klang eines Instrumentes möglichst gut einzufangen.

Ihr seht schon an den Beispielen oben, dass wir es hier mit einer unglaublich großen Spanne unterschiedlichster Instrumente zu tun haben, die uns schon auch mal Kopfzerbrechen bereiten können. Aber bevor wir uns in ein paar hoffentlich hilfreiche Praxistipps für die Instrumentenaufnahme stürzen, beantworten wir zuerst einmal die Frage über die man als allererstes stolpert.

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