Schlagzeug-Mikrofonierung Die Königsdisziplin Teil 1

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Schlagzeug Mikrofonierung: Die Königsdisziplin der Rock- und Popmusik

Die Abnahme eines Schlagzeugs ist eine der komplexesten Aufgaben in der Musikproduktion. Das liegt vor allem daran, dass ein typisches Rock- oder Pop-Schlagzeug aus mehreren Elementen besteht, die streng genommen alle ein eigenes Instrument darstellen. Bei einem Standard-Set aus Bassdrum, Snare, drei Toms, Hi-Hat, Ride- und Crash-Becken wären das also acht Instrumente – das ist schon ein kleines Orchester! Und viele Schlagzeuger geben sich mit diesem Basis-Aufbau nicht zufrieden, sodass der Umfang der Drum schnell erheblich wachsen kann.

Dementsprechend sammeln sich schnell ein Dutzend oder mehr Mikrofone an einem Schlagzeug-Set, was den Aufbau nicht nur logistisch zu einer Herausforderung macht. Wir haben dir daher die wichtigsten Informationen und einige Drum Recording Tipps zur optimalen Abnahme zusammengestellt. In diesem Beitrag geht es vor allem um das Schlagzeug als Ganzes. Weitere Informationen zur Mikrofonierung der einzelnen Drum-Elemente kannst du in Schlagzeug Mikrofonierung Teil 2 entdecken! Jetzt lesen! >

Ästhetik des Drum-Sounds

Bevor man mit konkreten Techniken loslegen kann, muss man sich erst überlegen, was für einen Sound man erreichen möchte. Ein Jazz-Schlagzeug klingt völlig anders als das Trommelfeuer einer Speed-Metal-Band. Die entsprechenden Ansätze unterscheiden sich vor allem in der Distanz der Mikrofone zum Drumset: Sehr nah aufgestellte Mikrofone erzeugen einen aggressiveren Klang, mit mehr Distanz bleibt das Schlagzeug eher natürlich.

Hier lebt das Schlagzeug: Overheads und Stereobild

Die sogenannten Overhead-Mikrofone werden über dem Schlagzeug positioniert und fangen das gesamte Set ein.

Zumeist verwendet man für diese Anwendung Kleinmembran-Kondensatormikrofone wie das MC 930 oder das TG I53. Außerdem werden Schlagzeug-Overheads üblicherweise in Stereo aufgenommen, also mit zwei Mikrofonen – weshalb unsere beiden vorgeschlagenen Mikrofone auch als Stereo-Sets erhältlich sind.

Bei der Stereo-Mikrofonierung gibt es einiges zu beachten. Beispielsweise die richtige Aufstellung der Schlagzeugmikrofone: Bei einer XY-Aufstellung werden zwei Mikrofone mit Nierencharakteristik so aufgebaut, dass die Kapseln möglichst nah beieinander liegen. Die Mikrofone stehen in einem Winkel von (meistens) 120° zueinander. Eine AB- oder „spaced-pair“-Aufstellung führt einen Abstand zwischen den Kapseln ein, oft zwischen 80 und 150 cm, und erzeugt dadurch mehr Tiefe. 

Die Phasenlage

Ein ganz entscheidender Punkt bei der Verwendung mehrerer Mikrofone an einer Schallquelle ist die Phasenlage. Das bedeutet: wie groß ist der zeitliche Abstand, den ein Klang zu einem und zum anderen Mikrofon benötigt. Diese Abstände können schon im Millisekundenbereich zu starken Klangveränderungen führen und einer Schlagzeugaufnahme die Energie rauben. 

Bei moderner Pop- und Rockmusik sind Bassdrum und Snaredrum die wichtigsten Komponenten, sie geben den Beat vor. Daher solltest du darauf achten, dass beide Signale phasenrichtig auf den Overheads landen. Das kannst du folgendermaßen erreichen:

Du klebst mit einem Stück Tape das Ende einer Schnur auf das Schlagfell der Bassdrum, am besten da, wo der Schlegel die Membran trifft. Das andere Ende der Schnur klebst du in die Mitte des Snaredrum-Schlagfells. Die Schnurlänge ist dabei davon abhängig, in welchem Abstand über dem Set du die Mikrofone aufbauen möchtest. Wenn du die Schnur jetzt an einem Punkt zwischen Snare und Bassdrum aufnimmst und nach oben spannst, kannst du eine Bewegung von links nach rechts vollführen. Wenn deine Finger dabei immer an derselben Stelle der Schnur bleiben (nicht rutschen lassen!), hat jeder Punkt auf der Strecke, die du damit beschreibst, denselben Abstand von Snare und Bassdrum gleichzeitig. Stellst du deine Mikrofone, zum Beispiel die TG I53, also so auf, dass beide Membranen auf dieser gedachten Strecke liegen, sind Snare und Bassdrum immer in Phase. (Entferne vor den Aufnahmen die Schnur und das Tape wieder von den Fellen.)

Raum für Experimente

Wir haben eingangs geschrieben, dass ein Schlagzeug einen gewissen Abstand vom Mikrofon benötigt. Das liegt daran, dass Drums erst in einem Raum richtig zu klingen anfangen. Wenn du einen akustisch geeigneten Raum hast, solltest du diesen unbedingt mit aufnehmen! Ein natürlicher Raumklang kann ein Schlagzeug auf eine ganz andere Ebene heben.

Du kannst den Raum in Mono oder Stereo aufnehmen, wobei Stereo meistens natürlicher und lebendiger wirkt. Wichtig ist, herauszufinden, wo dein Raum am besten klingt. Das kannst du erreichen, indem du zum Beispiel ein Set beyerdynamic MC 930 auf einer Stereoschiene in XY-Aufstellung auf einem Stativ montierst und dann im Raum herumgehst, während der Schlagzeuger spielt. Wenn du einen Punkt gefunden hast, wo die Drums besonders gut klingen, stellst du dort das Stativ auf. Um sicher zugehen hörst dir die Position dann nochmal als Aufnahme an. Vergiss nicht, auch verschiedene Höhen im Raum zu testen. Der Klang kann sich auch zwischen Boden und Decke deutlich unterscheiden!

Old-school Vintage Sound

Eine ganz besondere Herangehensweise für die Aufnahme des Schlagzeugs sei zum Schluss auch noch erwähnt: die Monoaufnahme des ganzen Sets. Diese Technik bietet sich an, wenn man einen Sound im Stil alter Jazz- und Blues-Aufnahmen erreichen will – sehr natürlich und reduziert, aber organisch und authentisch. Das Mikrofon wird dazu an einer geeigneten (Hören!) Stelle in einigem Abstand zum Set positioniert. Für beste Ergebnisse greifen Profis gerne zu einem Bändchenmikrofon wie dem M 160, das mit runden Mitten und weichen Höhen der Aufnahme das richtige Flair verleiht.

beyerdynamic artists drums

beyerdynamic artists
Spannende und talentierte SchlagzeugerInnen warten auf dich in unserer beyerdynamic trifft-Interview Serie: Sina Döring, Jost Nickel und Domino Santantonio erzählen im Blog, was ihren Schlagzeugstil prägt und was sie aus macht.

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