RAUMAKUSTIK IM HOMESTUDIO VERBESSERN
DIE WICHTIGSTEN ANFORDERUNGEN BEI DER PLANUNG
Derzeit produzieren viele Künstler ihre Werke zu Hause. Manch einer hat dafür sogar ein eigens eingerichtetes Homestudio. Häufig treten dabei aber Probleme mit der Raumakustik auf, da die Räume meistens nicht für diesen Einsatzzweck ausgelegt sind. In diesem Blogpost erfährst du, was Raumakustik eigentlich bedeutet und auf welche akustischen Gegebenheiten und Effekte du besonders achten solltest, bevor du beginnst, die Raumakustik zu verbessern.
INHALTSVERZEICHNIS
Was ist Raumakustik?
Die Raumakustik beschäftigt sich mit der Schallausbreitung in geschlossenen Räumen. Im Gegensatz zur Freifeldausbreitung hört man hier nicht nur den direkten Schall der Schallquelle, sondern auch zeitlich verzögerte Abbilder des Schallereignisses in Form von Reflexionen. Diese entstehen, wenn Schallwellen an Begrenzungsflächen wie beispielsweise Wänden, Decke oder Boden reflektieren, also zurückgeworfen werden.
Da sich Schall mit einer bestimmten Geschwindigkeit im Raum ausbreitet, treffen diese Reflexionen nach dem Direktschall verzögert beim Hörer ein. Je nachdem wie stark der reflektierte Schall verzögert ist, nimmt man diesen als Hall oder Echo (getrenntes Schallereignis) war.
Besonders die früh auftretenden Reflexionen helfen dem Menschen, Schallquellen im Raum zu orten. Später am Ohr eintreffende Reflexionen summieren sich nach und nach im Raum, wodurch der Nachhall entsteht – eine Überlagerung von sehr vielen Reflexionen.
Bei tiefen Frequenzen kann es durch die Reflexionen zwischen den räumlichen Begrenzungsflächen an manchen Stellen zu stark variierenden Schalldruckverteilungen kommen, den sogenannten stehenden Wellen oder Raummoden. Sie sorgen im Bereich der tieferen Frequenzen für Resonanzüberhöhungen oder Auslöschungen. Der Klang wird dann als „dröhnend“ oder auch „wummernd“ wahrgenommen. Interessant ist, dass dieser Effekt in ein und demselben Raum unterschiedlich stark ausgeprägt ist, abhängig davon, wo man sich gerade befindet.
Warum ist Raumakustik wichtig?
Die Akustik eines jeden Raumes ist sehr individuell und beeinflusst, wie wir den Klang wahrnehmen. Im Homestudio macht sich die Raumakustik hauptsächlich bei den folgenden zwei Anwendungen bemerkbar:
Bei der Aufnahme eines Instrumentes/der Stimme über ein Mikrofon:
Beim Abhören der produzierten Musik über Studiolautsprecher:
„If you can’t take the room out of the mix, you can’t take the mix out of the room.“
Peter D’Antonio
Quelle: Mark Davie – RESONATING WITH HISTORY, 25.11.2014
https://www.audiotechnology.com/features/resonating-with-history
Räume für Homestudios sind meistens klein, das bringt einige akustische Probleme mit sich. So kommt es in kleinen Räumen im Vergleich zu größeren Räumen häufig zu ausgeprägteren stehenden Wellen. Gleichzeitig lässt der ohnehin schon knapp bemessene Platz wenig Gestaltungsmöglichkeiten für akustische Maßnahmen. Auch wird der Raum häufig noch für andere Dinge genutzt – ein kleines Studio im Schlafzimmer ist dabei keine Seltenheit. Das schränkt die Gestaltung zusätzlich ein.
Das Homestudio ist also durchaus eine akustische Herausforderung. Davon sollte man sich aber nicht abschrecken lassen. Mit einer realistischen Erwartungshaltung und etwas Verständnis der Materie lässt sich doch einiges bewegen und oft eine durchaus vernünftige Arbeitssituation schaffen.
Welche akustischen Effekte gibt es im Homestudio?
Wenn man Tonmaterial objektiv beurteilen möchte, sollte man zuvor die Raumakustik entsprechend anpassen. Nur die wenigsten Räume verfügen von Haus aus über die erforderlichen akustischen Eigenschaften. Um zu verstehen, welche Maßnahmen ergriffen werden müssen, um kritisches Abhören von Tonmaterial zu ermöglichen, muss man zunächst die raumakustischen Effekte und deren Auswirkungen kennen und verstehen.
Wie eingangs erwähnt, werden Schallwellen an Begrenzungsflächen, wie beispielsweise Wände, reflektiert und wieder in den Raum zurückgeworfen. Dabei treffen die Schallwellen ähnlich dem Billardkugelprinzip auf eine Wand und prallen wieder ab, wobei der Einfallswinkel dem Ausfallswinkel entspricht.
Dies gilt vor allem für den höheren Frequenzbereich, während im tiefen Frequenzbereich eher stationäre Zustände vorherrschen. Die so entstandenen Reflexionen sind besonders zwischen parallel zueinander stehenden Wänden problematisch, da sie die sogenannten Flatterechos verursachen. Hierbei springt der Schall im Ping-Pong Prinzip zwischen den Wänden hin- und her. Das erzeugt einen äußerst metallischen und hohlen Klang.
Um dies zu verhindern, sind die Wände in einem professionellen Studio bzw. vor den Wänden angebrachte Vorbauten meist angeschrägt. Wände, die nicht parallel und in einem Winkel von mindestens 12-15° zueinander stehen, sorgen dafür, dass die Reflektionen nicht hin- und herspringen, sondern in andere Bereiche des Raumes gelenkt werden.
Reflexionen sind aber nicht grundlegend schlecht: Die sogenannten frühen Reflexionen zu Beispiel (Reflexionen, die kurz nach dem Direktschall am Ohr eintreffen) liefern dem menschlichen Gehirn Informationen über die räumlichen Gegebenheiten.
Treffen Reflexionen bis etwa 50 Millisekunden nach dem Direktschall beim Hörer ein, spricht man von frühen Reflexionen. Diese Reflexionen breiten sich jedoch auch nach dem Eintreffen beim Hörer noch weiter im Raum aus und werden erneut an Begrenzungsflächen reflektiert. Anschließend treffen sie wieder beim Hörer ein, werden wieder reflektiert usw. Dadurch werden die Reflexionen immer leiser und verdichten sich zunehmend (siehe Abbildung). Man hört dann den sogenannten Nachhall, also eine Überlagerung mehrfacher Reflexionen, die langsam im Lautstärkepegel abnehmen. Da der Nachhall diffus ist, lässt sich keine konkrete Raumrichtung der Einzelreflexionen mehr daraus ableiten. Die Dauer des Nachhalls sollte beim kritischen Abhören über Lautsprecher nicht zu lange sein, da sonst die im Tonmaterial enthaltene Rauminformation maskiert wird. Zu kurze Nachhallzeiten lassen den Raum allerdings oft zu trocken wirken. Problematisch wird es vor allem, wenn sich die Nachhallzeit frequenzabhängig stark unterscheidet, da dies beim Abhören das Klangbild stark verfärbt.
Bei tieferen Frequenzen werden die Reflexionen häufig nicht als Einzelechos wahrgenommen. Hier bilden sich sogenannte stehende Wellen oder Raummoden. Dies ist immer dann der Fall, wenn Schallwellen (genauer gesagt deren Vielfaches der halben Wellenlänge) dem Abstand zwischen zwei Begrenzungsflächen im Raum entsprechen. Die Schallwelle „passt“ damit genau in den Raum zwischen den Begrenzungsflächen. Es wirkt daher so, als käme die Schallwelle zum Stehen, obwohl sie weiterhin zwischen den Wänden hin und her reflektiert wird. Das hat zur Folge, dass der Schalldruck und damit der empfundene Schalldruckpegel nun abhängig vom Standort sehr stark variieren. An manchen Stellen im Raum ist ein Ton dieser Wellenlänge sehr laut, während man ihn an anderen Stellen nur sehr leise wahrnimmt.
Eine stehende Welle kann sich nicht nur zwischen zwei Begrenzungsflächen (also beispielsweise Decke-Boden oder zwei gegenüberliegende Wände) bilden, sondern auch zwischen vier oder sechs Begrenzungsflächen. Man spricht dann von tangentialen und obliquen Moden. Dadurch entsteht im tieffrequenten Bereich ein sehr „welliger“ Frequenzgang, der besonders abhängig von der Position im Raum ist. Zudem klingen diese Raummoden sehr lange nach, wodurch der Bassbereich oft als dröhnend oder auch wummernd empfunden wird. Sowohl beim kritischen Abhören über Lautsprecher als auch beim Aufnehmen ist das äußerst nachteilig.
Stehende Wellen sind vor allem in kleinen Räumen ein Problem, da die Schallenergie hier zunächst kaum abnimmt. Die unangenehmen Effekte sind dann besonders ausgeprägt und die Raummoden schwingen sehr lange nach. Aufgrund der kleineren Raummaße sind die stehenden Wellen im höheren Bassbereich sehr ausgeprägt. Für das Heimstudio stellt der Bassbereich daher eine besondere Herausforderung dar. Vor allem, da die hierfür benötigten Akustikmaßnahmen sehr viel Platz beanspruchen, der häufig gar nicht vorhanden ist.
FAZIT: Wie sollte ein idealer Raum zum kritischen Hören aussehen?
- Der Raum sollte nach Möglichkeit keinen spezifischen Eigenklang besitzen. Das bedeutet allerdings nicht, dass der Raum keinen Nachhall oder Reflexionen haben darf. Das wäre bei einem schalltoten Raum der Fall, der aber nicht als akustisches Vorbild für kritisches Hören dient.
- Der Raum sollte keinen zu langen Nachhall haben, damit Hallfahnen im abzuhörenden Material nicht maskiert werden. Eine Nachhallzeit von 0,2-0,3 Sekunden ist meist üblich. Außerdem sollte der Nachhall über alle Frequenzen möglichst gleichmäßig sein. Der Nachhall sollte auch möglichst diffus sein, also keine präferierte Raumrichtung aufweisen.
- Erstreflexionen, die in den ersten 20 Millisekunden am Abhörplatz eintreffen, sollten unbedingt vermieden werden, da diese den wahrgenommenen Frequenzgang durch Kammfiltereffekte stark beeinflussen.
- Im Bassbereich sollte man auf jeden Fall stehende Wellen vermeiden. Diese sorgen für stark unterschiedliche Nachschwingzeiten, welche eine klangliche Beurteilung erschweren („Dröhnt das jetzt in der Aufnahme so stark, oder ist das mein Raum?“). Zudem verändern sie den Frequenzgang sehr stark, wenn die stehenden Wellen nicht ausreichend bedämpft werden.
Wie bewertest du diesen Artikel?
Rating: 4.4 / 5. Anzahl Bewertungen: 16